Dass es sich lohnt, über Musik nachzudenken, wenn man Musik machen möchte, und umgekehrt ein Nachdenken über Musik ohne Bezug auf die Praxis wenig Sinn macht, mag eine Allerweltsweisheit sein. Für den Mitteldeutsche Barockmusik in Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen e.V. (die MBM) freilich hat sie programmatische Bedeutung, denn von Beginn an war diese Förderinstitution darauf angelegt, wissenschaftliche Erkenntnisse über Musik in die klingende Realität überzuführen: Der authentische Klang der Barockmusik ist ihr ebenso ein zentrales Anliegen wie die Archivierung und historische Erschließung der unerschöpflich reichen Quellenbestände der Musikpflege Mitteldeutschlands im 17. und frühen 18. Jahrhundert. Forschungen zu dieser Musik, ihren Akteurinnen und Akteuren, ihren Spielorten und ihrer Aufführungspraxis finden im Forum Mitteldeutsche Barockmusik eine prominente Publikationsreihe, und die unmittelbare musikpraktische Umsetzung dieser historischen Erschließungsarbeit in vielfältigen und oft innovativen Konzertformaten wird durch die Projektförderung der MBM Jahr für Jahr ermöglicht und gewährleistet: Über 300 Projekte konnten so in den vergangenen zehn Jahren in ihrer Realisierung unterstützt werden; und die Anerkennung, die die MBM deswegen genießt, kommt auch darin zum Ausdruck, dass „Preise der MBM“ im Rahmen des Internationalen Telemann-Wettbewerbs in Magdeburg und des Internationalen Gottfried-Silbermann-Orgelwettbewerbs in Freiberg vergeben werden.
All diese Bestrebungen haben längst überregionale, in manchen Bereichen auch internationale Dimensionen angenommen: Das Heinrich Schütz Musikfest ist mit seinen artists in residence, seinen fünf Aufführungsorten (Dresden, Bad Köstritz, Weißenfels, Gera, Zeitz), flankiert von innovativen Digitalprojekten wie Klangraum Mitteldeutschland (mibamu.org), den Soundwalks (SWALK Heinrich Schütz) und Klanginstallationen sowie weit ausstrahlenden Kooperationsprojekten wie dem open_psalter, als ein bedeutendes Barockmusik-Festival etabliert, das internationales Flair mit regionalem Charme auf ideale Weise verbindet.
„Es geht um tiefes Erleben im Augenblick, langanhaltendes Erinnern, jugendliche Entdeckerfreude, Nachhaltigkeit“, so hat dies die Intendantin des Festivals und Geschäftsführerin der MBM Dr. Christina Siegfried im Jahr 2022 formuliert; ohne Wissenschaft und Musikpraxis in idealer Symbiose wäre all dies nicht möglich. Und allen, die dies über 30 Jahre hinweg ermöglicht haben, sei auf das Herzlichste gedankt.
Prof. Dr. Wolfgang Hirschmann
Präsident der Mitteldeutschen Barockmusik
e.V.
© Mitteldeutsche Barockmusik in Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen e.V.